Die
Erdbeben und Seebeben (mit zwei Tsunamis) vom
13. August 1868 in Arica
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Artikel 01 über die Erdbeben von 1868
Der grosse Fluch der
Natur
Erdbeben von 1868 -
[das schöne Wetter am 13. August 1868]
Es gibt keinen Zweifel daran, dass das Jahr 1868
in der Geschichte dieses Stückes Erde in
dramatischer Art und Weise eingebrannt bleiben
wird, denn die Tragödie war wirklich schlimm, die
das Erdbeben vom August verursachte, und sie war
der Beginn für noch mehr Leid und Not innerhalb
der nächsten Zehn Jahre.
Die Regierung unter General José Balta war erst 11
Tage im Amt, als der 13. August 1868 kam. Die Erde
wurde an der südperuanischen Küste [der damaligen
Grenzen] mit einer Stärke von 8 bis 9
durcheinandergerüttelt. Dieses Ereignis war eines
der wichtigsten in der gesamten, weltweiten
Seismologie, was die Stärke und die Ausmasse
betrifft.
Die Erdbewegung erstreckte sich über die gesamte
südamerikanische Küste zwischen der Insel
Mejillones ("Grosse-Wangen-Insel", 75 km nördlich
von Antofagasta (web02]) und der Küste von Paracas
(bei Pisco, 235 km südlich von Lima [web03]). Das
Epizentrum des Bebens, so wurde errechnet, war vor
der Küste Aricas. Der Tsunami reichte von
der Stadt Caldera (Chile) bis nach Ecuador nach
Guayas. Und Arica war die am meisten beschädigte
Hafenstadt.
Der unheilbringende Tag des 13. Augusts 1868 war
eigentlich ein normaler Tag für diese Jahreszeit
gewesen, mit klarer Atmosphäre, die es nur selten
gibt. Dies war durch einige nächtliche und
morgendliche Regenschauer von vor zwei Tagen
bewirkt worden. Nebel und Staub waren wie
weggeputzt, und das gab es des öfteren.
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Die
Bergkette der Anden war sichtbar mit Wolken
verhangen, die sich um die Vulkane gruppierten,
den Tacora [im Lluta-Tal], den Chapiquiña [auch im
Llutatal], und südlich davon der Taapacá [zwischen
Putre und Parinacota]. Der Vormittag war frisch
mit einer Temperatur von 13 Grad. Mittags wurde es
bis 23 Grad warm.
Die Gewalt des Meerbebens bewirkte, dass die
Schiffe in der Bucht von Arica sich zu bewegen
begannen, wie in der Mitte verschiedener
Wasserstrudel, mit einer unkontrollierbaren Kraft.
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Artikel 02 über die Gefahr des Meeres
und über die Skorpionsinsel (isla Alacrán)
Das Phänomen, das hier ausgelöst wurde, erfasste
völlig unvorbereitet die Schiffe in der Bucht, mit
schlimmen Folgen für die Besatzungen.
Die Gefahr des Meeres
- [es waren zwei Tsunamis]
Was die betroffenen Einwohner zu der Zeit nicht
wussten, war, dass nach der der ersten Welle, nach
der sich eine Menge Leute im Hafenbereich
versammelte, gleich noch eine zweite folgen würde,
mit derselben Stärke oder sogar noch stärker als
die erste. Und ausserdem waren diese Wellen mit
einem gewaltigen Rückzug des Meeres begleitet.
Dieser wütende Angriff von Gott Neptun bedeckte
regelrecht die gesamte Hafengegend und trug alles
fort, was sich dort befand. Und als sich die
Bevölkerung von Arica nach der zweiten Erdbewegung
zu erholen begann, kam noch ein drittes Erdbeben,
stärker als die beiden vorherigen, mit einer Dauer
von drei bis vier Minuten.
Bei diesem dritten Erdbeben zog sich das Meer
zurück, weiter, als dass die Kontrolleure sehen
konnten, und die Skorpionsinsel ("isla El
Alacrán") blieb mit ihren grossen und kleinen
Schiffen auf dem Trockenen.
[Die Bewegungen des
Schiffes "Wateree"]
Don Alfredo Wormald Cruz hat die Ereignisse in
seinem Buch "Frontera Norte" aufgeschrieben, wie
sie sich auf dem Schiff "Wateree" abspielten.
Gemäss der Erzählung des Kapitäns Mr. L.G.
Billings des Kriegsschiffes "Wateree" - ein
Kriegsschiff der Kriegsflotte der "USA",
überraschte das erste Erdbeben den Kapitän an
Bord, als er in seiner Kajüte eine
Gruppenbesprechung hatte. Da wurde das Schiff
plötzlich gewaltig durchgeschüttelt.
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[Die Sicht vom Schiff "Wateree" auf das
zerstörte Arica: Häuser stürzen zusammen -
Staubwolke - Schreie]
Die Gruppe um Kapitän Billings wusste nicht, wie
diese abnormale Bewegung des Schiffes zuzuordnen
war, die einfach nicht aufhörte. Sie stiegen
sofort an Deck um zu sehen was passiert. Was sie
mit ihren eigenen Augen sahen, machte sie perplex:
Vom Morroberg bis zur Stadt war eine riesige
Staubwolke zu sehen, begleitet vom Getöse des
Herabfallens grosser Steinblöcke der
Granitsteilwand des eigentlichen Schutzberges von
Arica.
Zusätzlich zum Zusammensturz der Gebäude der Stadt
war die apokalyptische Szenerie mit fremdartigen,
unterirdischen Geräuschen begleitet, die
Donnergeräuschen ähnelten, die aus dem Inneren der
Erde kamen; diese Geräusche wurden von Sekunde zu
Sekunde immer lauter.
Die Bestürzung und die Panik wurden nun extrem,
als sich die Erde wie ein aufgewühltes Meer zu
bewegen begann, und auch die Berge bewegten sich,
wie wenn sie jeden Moment in Stücke zerbersten
könnten.
Die Staubwolke hüllte sofort alles ein und man
konnte dann nichts mehr sehen. Die Besatzung der
"Wateree" hörte nur noch die entsetzten Schreie
und das Knallen der Häuser die zusammenstürzten.
Das Schiff war selbst einer "Prüfung" ausgesetzt,
so dass es für die Besatzung schwierig wurde, auf
den Füssen stehen zu bleiben. Gemäss der
Schiffsmannschaft des Schiffes der "USA" dauerte
das Erdbeben etwa fünf Minuten.
Die Skorpionsinsel
("Isla El Alacrán") - [mit einer Festung mit 100
Personen]
An diesem schicksalhaften Tag des Erdbebens war
die Festung auf der Skorpionsinsel komplett mit
100 Personen besetzt, die dort an den acht
verfügbaren Artilleriegeschützen ihren Dienst
taten.
[Arica hatte sich
seit 1866 zu einem grossen Hafen entwickelt]
In diesen Jahren hatte sich Arica in einen
wertvollen, strategischen Hafen entwickelt, der
den Hegemonialansprüchen der Republik Peru auf dem
Pazifik diente, mit Berücksichtigung der
süd-"amerikanischen" Schwesternrepubliken, vor
allem nach der Schlacht von Callao am 2. Mai 1866
gegen die Flotte Spaniens. [Dies war der letzte
Versuch der spanischen Rassisten gewesen, Peru
zurückzuerobern, aber die peruanische Flotte
verteidigte sich erfolgreich].
[Beschreibung des
Erdbebens von 1868 in der Stadt Arica: Häuser
brechen zusammen - Staubwolke - blockierte
Strassen - "Klagechor"]
Um vier Uhr am Nachmittag des 13. Augusts 1868
nahm die Bevölkerung wie gewohnt nach der
traditionellen Siesta ihre Arbeit wieder auf.
Plötzlich spürten sie einen starken Schlag,
begleitet von einem trockenen, nur schwer
definierbaren Lärm, wie wenn sich die Erde teilen
würde.
Im weiteren Verlauf begann sich der Boden zu
bewegen, was einer höheren Macht zugeschrieben
wurde. Die Menschen wurden durchgeschüttelt, wie
wenn sie auf einem Teppich stehen würden. Die
Erde, die zuvor noch stabil erschienen war,
bewegte sich plötzlich in Wellenbewegungen.
Die Hausmauern wankten nun, wie wenn sie aus
Papier gebaut worden wären, bis die Häuser es
nicht mehr aushielten und über den Menschen
zusammenstürzten, mit Möbeln und allen Sachen, ein
einziger grosser Zusammenbruch der Lehm- und
Holzhäuser.
Diejenigen, die sich hatten auf die Strasse retten
können, waren nun durch die zusammenstürzenden
Gebäude in einem regelrechten Chaos gefangen, das
von Sekunde zu Sekunde immer grösser wurde.
Zusätzlich bewegte sich immer noch der Boden, so
dass man ohne zu stürzen gar nicht laufen konnte.
Der unterirdische Lärm, das Getöse der
zusammenbrechender Häuser und Gebäude, die
Staubwolke, die alles verdeckte und denn Himmel
verdunkelte, die Luft, die man nicht mehr einatmen
konnte, all das schuf für die Bewohner innerhalb
der 3 Minuten, die das Erdbeben dauerte, eine
Weltuntergangsstimmung.
Als sich die Staubwolke etwas legte, konnte man
die Grösse der Tragödie erkennen, und wo noch vor
wenigen Minuten eine Stadt mit Glauben an ihr
Wachstum gestanden hatte, war nun nur noch ein
Trümmerhaufen, eine ausradierte Stadt, auch die
Strassen waren weg.
Dieses katastrophale Bild der Zerstörung war von
einem Klagechor der ängstlichen und bekümmerten
Einwohner begleitet. Die Überlebenden des
Erdbebens kamen nun als Bettler hervor. Die
Wehklagen der Verletzten waren eine regelrechte
Litanei, die noch mehr Tod und Zerstörung
ankündigte.
[Ungefähr 200
Personen wollen von Schiffen weggebracht werden]
Ungefähr 200 Personen, die mehr ihren Instinkten
als ihrem Verstand folgten, versammelten sich im
Hafengebiet bei der Anlegestelle und baten die
Schiffsbesatzungen in der Bucht darum, weggefahren
zu werden, im Glauben, so der Katastrophe
entkommen zu können, die über sie hereingebrochen
war, denn der starke, unterirdische Lärm hörte
nicht auf, und es machte den Eindruck, dass die
Berge bald alle zusammenbrechen und alles unter
sich begraben würden.
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Artikel 3: Das Wunder der Wateree
Das Wunder der
Wateree - [die Menschen an der Anlegestelle -
zweites Erdbeben - und das Meer zieht sich
zurück]
Als sich die Staubwolke langsam etwas verzog, sah
die Besatzung des Kriegsschiffes "Wateree", wie
die Stadt in den wenigen Minuten praktisch
verschwunden war, und sie waren geschockt; die
Hilfeschreie waren bis auf die Schiffe gut hörbar
und die Besatzung konnte sehen, wie einige Leute
sich zur Schiffsanlegestelle durchschlugen, um von
den Besatzungen um Hilfe zu bitten.
Der Kommandant des Schiffes liess ein Rettungsboot
mit 13 Besatzungsmitgliedern hinunter, um die
Hilfe für die betroffene Bevölkerung
voranzutreiben, während eine Brigade von 40
Männern sich mit den nötigen Werkzeugen
vorbereitete, um Opfer zu retten.
Als die Rettungsschiffsbesatzung sicheren Boden
erreichte, kam aber bereits das zweite Erdbeben,
und es war so stark wie das erste. Die Besatzung
oben auf dem grossen Schiff musste mit Entsetzen
und machtlos zusehen, wie die Schiffsanlegestelle,
die voller Leute war, vom Meer verschluckt wurde,
und keine einzige Person von der Mole überlebte.
Als sie sich nach dem zweiten Erdbeben noch nicht
einmal aufgerappelt hatten, zog sich plötzlich das
Meer zurück. Dann folgte das dritte Erdbeben, das
einige Minuten dauerte. Die Erde wurde wie eine
Schaukel durchgeschüttelt, und das Meer zog sich
noch mehr bis an den Horizont zurück, so dass die
gesamte Bucht im Trockenen lag.
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[Das "amerikanische" Schiff "Wateree" mit
dem flachen Boden kippt auf dem trockenen Boden
nicht]
Die Seeschiffe blieben ohne Wasser und lagen nun
wie grosse, verletzte Meerestiere da. Aber die
"Wateree" war eine Ausnahme, sie hatte einen
flachen Boden und stand noch aufrecht.
Dieses Schiff war für den Sezessionskrieg für
die flachen Flüsse des Südens der Verunreinigten
Staaten konstruiert worden.
Als das Meer im Moment des Rückzugs alle Schiffe
zurückgezogen hatte, versuchten alle Schiffe,
durch die starke Strömung nicht abgetrieben zu
werden.
Unter diesen Umständen schiffte sich der Kapitän
des Schiffes "America", der sich an Land
befunden hatte, in ein kleines Segelboot ein, um
sein Schiff zu kommandieren und zu retten, aber
er wurde bald das Opfer der starken Strömung und
starb durch Ertrinken, zusammen mit der
Besatzung, die ihn begleitete.
Die "Wateree" versuchte, nicht abgetrieben zu
werden, durchschnitt sofort alle ihre
Ankerseile, liessen die Anker an den Grund
hinunter, die nun als Pflug dienten, bis das
Schiff auf Grund lief.
Das Schiff "America" zündete seine Maschinen,
konnten aber nicht genügend Druck erzeugen; das
Schiff "Channacelia" wurde von der Strömung so
weit weggezogen, wie es die 80 Meter lange
Ankerkette zuliess, die nun total ausgestreckt
zur Stadt hinzeigte..
Der Rest der Schiffe waren mit der Strömung
bereits am Untergehen, da sich das Meer
zurückzog. Sie blieben auf dem trockenen Grund
die Zeugen der Zerstörungskraft und des Todes.
Dies betraf auch das erzitternde Schiff "Mar
Pacífico".
Artikel 3: Zeichnung der beiden Schiffe Wateree
und America, wie sie nach dem Tsunami von 1868
in der Wüste liegen
Artikel 3: Foto des Schiffes Wateree auf Sand in
der Wüste
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Artikel
04: "Der Tag des Gerichts"
Der Tag des Gerichts
- [der Tsunami um 20:30 Uhr]
An der Steilwand des Morrobergs gab es
Bergrutsche mit Sand und Erde. So wurden alte
Friedhöfe aus der vorkolumbianischen Zeit
freigelegt. Die angsterfüllten Arica-Bewohner
entdeckten hier eine regelrechte Stadt der
Toten.
Die Matrosen des Schiffs "Wateree" dachten
ernsthaft, dass nun der Tag des letzten Gerichts
gekommen sei. Nachdem nach 20 Minuten alles
vorbei war - und es war schon fast Abend -
begann das Schiff zu schwimmen und wurde durch
die Meeresströmungen hin- und hergeschleudert.
Niemand an Bord wusste mehr, wo sich das Schiff
eigentlich befand, und niemand war sich der
realen Gefahr bewusst, die sie mit dem Schiff
durchlebten. Es wurde ihnen aber bewusst, dass
sie vielleicht von einem Moment auf den andern
ihr Leben verlieren konnten.
Die Besatzungsmitglieder klammerten sich an den
Sturm-Sicherheitsleinen. Sie warteten
resigniert, in irgendeinem Moment durch das Meer
irgendwohin gebracht zu werden, das sich noch
lange nicht beruhigte, sondern sogar immer
wütender wurde.
Es war nun 8:30 abends, als ein
Besatzungsmitglied Alarm schlug, als er so etwas
wie eine Mole sah. Inmitten der unglaublichen
Nacht zeichnete sich eine dünne, reflektierende
Linie ab.
Sofort wurden sie sich bewusst, dass diese Linie
mit erheblicher Geschwindigkeit anstieg und in
kurzer Zeit sich mit dem Himmel vereinigen
würde: Am inneren Teil formten sich Wasserfälle
trüben Wassers... das war das Seebeben, das nun
mit furchterregendem Getöse auf das Schiff
zuraste..
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Das
Schiff "Wateree" schien nun unter einer Masse
von Wasser und Sand begraben zu werden; die
Besatzung, die sich fest angeseilt hatte, so wie
es bei Sturm immer gemacht wurde, überlebte den
Aufprall.
Das Schiff driftete total ab, denn es war ja
unmöglich, irgendwie unter diesen Bedingungen zu
steuern. Das Schiff kämpfte sich dann bis an die
Spitze der Welle empor, von krachendem Holz,
Metall und Seilen des Schiffes begleitet, die
jeden Moment zu bersten drohten. Das Schiff
"Wateree" hielt stand...
Nach diesem grossen Tauchgang und
Wiederauftauchen wusste niemand, was eigentlich
passiert war. Man war sich nur bewusst, dass das
Schiff mit grosser Geschwindigkeit durch die
Finsternis irgendwohin fuhr, regelrecht durch
den First der Welle getragen, bis sich die Welle
sanft aber schnell zu senken begann.
Der Mannschaft gelang es sogar, eine Lampe
anzuzünden, und nun wurden sie sich bewusst,
dass das Schiff auf festem Boden war, wo sich
alles in eine Grabesstille verwandelte. Man
hörte nur die Meereswellen des aufgebrochenen
Meeres.
Nun kam in der Besatzung die Angst auf, dass die
Naturkräfte noch einmal wiederkommen würden, und
noch einmal mit aller Wut auf die Küste losgehen
würde. Dabei dauerte das Martyrium der
Arica-Bevölkerung nun schon 5 Stunden.
Der Heizkessel des Schiffes "Wateree" war für
lange Zeit das einzige Erinnerungsstück an
dieses eindrucksvolle Naturereignis, das diese
Gegend heimsuchte.
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Artikel
5: "Der Tag danach" 01
Der Tag danach
Die Gewalt dieser erlittenen Tragödie konnte man
bei Tagesanbruch betrachten.
Der Tsunami hatte das nordamerikanische Schiff
aufs Festland verfrachtet, an die Hänge des
Gefrierkartoffelbergs (cerro Chuño), ungefähr
1,6 km vom Ufer entfernt nordöstlich der Stadt.
Das "US"-Kriegsschiff war ungefähr 10 Meilen von
seinem Ankerplatz entfernt. Die Besatzung der
"Wateree" hatte sich aber mehrheitlich retten
können, nur ein kleiner Teil war im Rettungsboot
ertrunken, das mit den Leuten an der
Anlegestelle untergegangen war.
Die Ehefrau des Schiffskapitäns starb in trüber
Stimmung durch die zusammenbrechenden
Lehmziegelmauern des Gebäudes, wo sie sich
gerade aufgehalten hatte. Tage nach der Tragödie
wurden zwei Besatzungsmitglieder des Seeschiffs
durch Besoffene erschossen,Schlägertypen und
Deserteure.
In der Nähe des Schiffs "Wateree" war auch das
Schiff "Channacelia" gelandet, total kaputt mit
der Ankerkette um den Rumpf gewindet wie ein
Spulfaden. Dies war durch die Wellen bewirkt
worden, die das Schiff mehrfach um die eigene
Achse gedreht hatten, und die gesamte Besatzung
war verloren.
Ein bisschen weiter südlich war das peruanische
Kriegsschiff "Amerika" gestrandet, das sich in
senkrechter Position auf dem Sandboden befand.
Es machte den Eindruck, wie wenn das Schiff
jeden Moment den Anker lichten und zurück ins
Meer fahren könnte; Es hatte die gesamte
Mannschaft verloren, die zu Beginn des Erdbebens
an Bord gewesen war.
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Artikel 5, Foto 01: Arica
mit dem Morroberg nach dem Meerbeben von
1868: Eine der Sorgen bei einem Beben
war immer der Steinschlag von den Hängen
des Bergs auf die nächsten Häuser.
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Artikel 5, Foto 02, das Schiff "Amerika"
auf Sand nach dem Meerbeben von 1867
Die peruanische Fregatte
"America" verblieb in der Wüste in einer
ungemütlichen Lage. Die Besatzung starb
durch die stürmischen Bewegungen des
Schiffs während der Tsunamiwellen im
Küstengebiet.
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Der
Strand mit seinen ungefähr 80 km Länge war
übersät mit Resten der Schiffe, der kleineren
Boote, mit Bruchstücken der zusammengefallenen
Gebäude, mit Geräten aus den Häusern, mit
Warenpaketen der Warenlager des Zolls und der
Eisenbahn.
Die Verluste des Zolls wurden auf eine Million
Dollar berechnet, obschon genau in den Tagen vor
dem Erdbeben grosse Mengen aus Bolivien und Peru
verschifft worden waren.
Die Stadt war total zerstört und es blieb nicht
ein einziges Gebäude in gutem Zustand; die
Überlebenden mussten sich Baracken mit Riedgras
und Totora-Schilfgras bauen, mit irgendeiner
Mauer als festen Bestandteil, der vielleicht
noch übriggeblieben war. Sie improvisierten
Zelte mit de Segeln der Segelschiffe, die am
Strand zuvor noch überlebt hatten, und die Leute
ernährten sich von Lebensmitteln der Vorräte der
an Land verfrachteten Schiffe. Dank der
verschlossenen Luken waren die Lebensmittellager
der Schiffe nicht nass geworden.
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Artikel
6: "Der Tag danach" 02
[Die verlorenen
Schiffe]
In der Bucht hatte sich eine beachtliche Anzahl
bedeutender Schiffe befunden, darunter die
"Chanacelia" unter englischer Flagge, die
"Niñita" unter englischer Flagge, Eigentum der
Firma Wellington and Company mit Handelshaus in
Valparaiso; die Fregatte "Gambetta", Eigentum
der Firma "Gebrüder Gambetta" ("Gambetta
hermanos"), die Brigantine (grosses Segelschiff)
"Regalón" unter peruanischer Flagge; das Schiff
"Fredonia" der Regierung der "USA", das die
Funktion eines schwimmenden Warenhauses hatte
und so dem Pazifik-Geschwader der "USA" diente,
und das zusammen mit dem "amerikanischen"
Schiffes "Wateree" in dieser Bucht angekommen
war.
Ebenso ruhten in den Gewässern von Arica die
Fregatte "America" der peruanischen
Kriegsmarine; die Brigantine "Rayo" unter
peruanischer Flagge; die Corvette "Chañarcillo"
unter englischer Flagge; die Brigantine
"Faustino Rivera" unter peruanischer Flagge; ein
Fischerboot, das sich "Ulysses" nannte, unter
der Flagge der "USA", das dem Guano-Transport
diente; das Handelsschiff "Eduardo" unter
französischer Flagge; das "US"-Frachtschiff
"Rosa Elvira" und weitere Schiffe. Man glaubt,
dass noch weitere vier grosse Schiffe in der
Bucht waren, von denen aber keine Registrierung
mehr auffindbar war, weil mit dem Tsunami die
gesamten Hafenregister verloren gegangen sind.
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Artikel 6, Foto 01: Sicht auf Arica im 19.
Jh. [17.Jh.?]
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Artikel 6, Foto 02: Sicht mit Arica und
dem Morroberg im Jahre 1868
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Artikel 6, Foto 03: Das Zentrum von Arica
im 19. Jh.
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Artikel
7: Die Schäden in der Stadt nach den Erdbeben und
Seebeben im Jahre 1868
Die Schäden in der
Stadt
Das Erdbeben und Seebeben kannte keine Gnade.
Die Basilika-Kirche verlor komplett ihr Dach.
Vom Glockenturm blieben nur noch Ruinen und von
der Fassade nur noch ein Teil zur
St.-Markus-Strasse hin.
Die Gebärmutterkirche ("iglesia de la Matriz")
war ebenfalls total zerstört, und sie sollte nie
mehr auferstehen. Die Ruinen des
St.-Franziskus-Klosters wurden aufgefüllt und
verschwanden für immer, und die Strassen waren
sprichwörtlich von der Landkarte ausradiert.
Arica bot eine hoffnungslose Landschaft, das mit
einem Meer und mit den Überresten übersät war.
Hin und wieder tauchte ein Haus auf, das mit Müh
und Not erhalten werden konnte. Der tiefere Teil
der Stadt war durch den Tsunami total abrasiert
worden, und gemäss Augenzeugen hatte der zweite
Tsunami bis zum fünften Häuserblock Erde
aufgeschüttet, also bis zur Kreuzung der
Alameda-Strasse (18. September),
Mercedes-Strasse (Colón) und Ayacuchostrasse.
Das Zollgebäude war komplett verschwunden. Da
standen nur noch die dorischen Stahlsäulen dem
Strand entlang.
Die Bahnstation und die Werkstatt der Eisenbahn
waren ebenfalls verschwunden. Die Bahnwagen und
Lokomotiven wurden nie mehr gefunden, waren vom
Meer fortgetragen worden. Das vorgebaute Terrain
am Fusse des Morrobergs, das der Eisenbahn als
Verladeort diente, war verschwunden.
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Das
Spital St.Johann-von-Gott ("San Juan de Dios")
war praktisch total zerstört mit Ausnahme der
Kapelle, die keine grösseren Schäden aufwies;
die Festung auf der Skorpionsinsel ("isla El
Alacrán") war durch die grosse Tsunamiwelle bis
auf die Grundmauern zerstört worden, wie
ausradiert, und auch die Garnison von 100 Mann
und die Artilleriegeräte waren unauffindbar.
Der Präfekt des Departements Moquegua (Arica war
eine Provinz dieses Departements) war zur Zeit
des Erdbebens Nicolás Freyre. Er war der
Verantwortliche und hatte nun die grosse
Verantwortung, den Schmerz seiner Bevölkerung zu
lindern, die nun keine Stadt mehr hatten, und es
gab kein Dorf und keinen Hof im Departement, die
nicht unter den Auswirkungen des grossen
Erdbebens gelitten hätten.
Artikel 7, Foto 01: Die zerstörte
Gebärmutterkirche von Arica nach dem Erdbeben
von 1868
Die Hilfe Chiles
Die chilenische Regierung beeilte sich, mittels
Schiffstransporten den Opfern mit
Kleidersendungen und Lebensmittelsendungen zu
helfen mit dem Ziel, mit dem peruanischen Volk
zusammenzuarbeiten. Nach drei Wochen
entbehrungsreichen Wartens kam die erste Hilfe
für die Überlebenden des grossen Erdbebens an.
Artikel 7, Foto 02: Ein grosses Segelschiff
(Brigantine) eilt zu Hilfe: Chile startete die
Hilfe
für die Überlebenden des grossen Erdbebens und
Seebebens
Von Lima aus wurden Lebensmittel und
medizinische Güter geschickt und in der Fregatte
"Phowhatan" unter "US"-Flagge transportiert, und
in den folgenden Monaten widmeten sich die
Behörden der Trümmerbeseitigung und dem
Wiederaufbau des Hafengeländes, denn dies betraf
nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern auch
die Landprovinzen.
Auf improvisierte Weise wurden im nördlichen
Teil der Stadt ein Spital und ein Lazarett aus
Holz errichtet, die der Bevölkerung gute Dienste
leisteten.
Der Strand war mit Gütern im Wert von 1 Million
amerikanischer Goldpesos übersät. Die Güter
wurden beim Schiff "Wateree" gesammelt, um sie
vor der Gier einiger Einwohner zu schützen, die
sich die Not zunutze machen wollten.
Somit erhielten die Überlebenden ihre
notwendigen Sachen, u.a. mit den
Hilfslieferungen durch das Kriegsschiff
"Fowhatan" der Union.
Die Bevölkerung von Arica wurde auf 10.000
Einwohner berechnet.
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Artikel
08: Noch eine Tragödie
[Malaria durch
Moskitos durch Seen, die durch den
umgeleiteten Lluta-Fluss entstanden - und
Cholera in Arica und in Tacna]
Als sich langsam wieder eine gewisse Normalität
einspielte, wurde die Bevölkerung von Arica aber
durch eine weitere Tragödie betroffen.
In den Ebenen von Chinchorro und Chacalluta
hatten sich durch die Umleitung des
Lluta-Flusses in dessen Mündungsgebiet kleine
Seen gebildet. Nach einigen Monaten waren diese
kleinen Seen zu Brutstätten der tödlichen
Anophelesmücke geworden, die nun eine tödliche
Malaria-Epidemie auslösten.
Gleichzeitig kam es zu einer Cholera-Epidemie,
die wiederum die Bevölkerung auf dramatische Art
und Weise dezimierte. Diese letzte Geissel war
war durch die grossen sanitären Defizite
verursacht, in der die Bevölkerung
zurückgelassen worden war.
Das Brunnenwasser, von dem sich die Stadt
versorgte, war verseucht, es gab praktisch kein
Trinkwasser, und die sanitären Bedingungen zur
Lebensmittelherstellung waren miserabel.
Die Leute mussten sich Latrinen und
Toilettenlöcher einrichten, und diese wurden nun
zu Infektionsherden und verschlimmerten nur noch
die Situation. Es gab keine Familie, die nicht
ein Familienmitglied dabei verlor, und gemäss
Presseinformationen dieser Zeit gab es im Jahr
1969 Tage, an denen nicht unter 40 Menschen pro
Tag starben.
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Die
Unfähigkeit der [peruanischen] Behörden, die
nötigen Massnahmen zur Beherrschung der
Situation einzuleiten, verschlimmerte die Krise.
Die Wirtschaft kam nun praktisch komplett zum
Stillstand, weil den Karawanen der
Maultiertreiber der Eingang in die Stadt
verboten war und jeglicher persönliche Kontakt
wegen Angst vor Ansteckung auch in allen anderen
Orten des Departements verboten war.
Dennoch funktionierte die Eisenbahnlinie nach
Tacna, und das hatte zur Folge, dass die Geissel
dann auch in Tacna auftauchte und weitere Tote
forderte. Insgesamt wird die Zahl der Toten
durch die Epidemie auf 2500 Todesopfer
geschätzt.
Also musste die Region nun auch von dieser
zweiten Katastrophe überwinden, die grösste
Tragödie des Jahrhunderts in San Marcos de
Arica. Nach den 800 Toten und Verschwunden, die
dem Erdbeben vom 13. August 1868 zugerechnet
werden, summierten sich die Toten durch die
Epidemie grundsätzlich im Jahre 1869
schätzungsweise auf 700 Personen.
Die Ereignisse waren derart schlimm, dass in
einer Meldung der täglich erscheinenden
"Handelszeitung" ("El Comercio") in Lima am 24.
Februar 1869 zu lesen war: "wenn diese Situation
nicht besser wird, dann wird Arica bald komplett
verschwunden sein, und die Totenzahl unter der
jetzt schon reduzierten Bevölkerung wird nicht
mehr unter 40 pro Tag sinken." ("si esta
situación no mejora, desaparecerá bien pronto
Arica, pues los muertos no bajan de 40 diarios
en esta reducida población").
Artikel 8, Foto 2: Diejenigen Schiffe, die durch
das Erdbeben und das Seebeben vom 13. August
1868
nicht zerstört worden waren, überlebten in der
Wüste
Artikel 08, Foto 2: Arica während des
Wiederaufbaus nach dem Seebeben und den
Epidemien der Jahre 1868 und 1869
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