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Encyclopaedia Judaica

Juden in Argentinien 05: 1918-1930

Antisemitismus ab 1917 gegen "Russen" nach der Russischen Revolution - weitere Einwanderung - jüdischer Sklavenhandel für Mädchen und Frauen von den 1880er bis in die 1930er Jahre - landwirtschaftliche Siedlungen

aus: Argentina; In: Encyclopaedia Judaica 1971, Band 3

präsentiert von Michael Palomino (2007)


übersetzt von Michael Palomino (2011)
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[1917-1919: Die Russische Revolution provoziert Antisemitismus gegen "Russen" in Argentinien - anti-kommunistischer Reflex ergibt Pogrome]

[[Geschichte]]. <1918-1930. Die Russische Revolution verstärkte die Angst der Regierung, dass ähnliche revolutionäre Aktivitäten auch in Argentinien stattfinden könnten. Seit die Juden generell als "Russen" bezeichnet wurden,schlug anti-revolutionäre Leidenschaft in offenen Antisemitismus um.

Während der Semana Trágica (Tragische Woche) - vom 7. bis zum 13. Januar 1919 - brach nach einem Generalstreik ein Pogrom aus, das nach der brutalen Unterdrückung des Streiks in einer Fabrik stattfand. Der Generalstreik wurde von den Behörden als bolschewistische Revolution dargestellt, und es wurde behauptet, es sollte eine "Schattenregierung" mit einem jüdischen "Diktator-Präsidenten" Pinie Wald gegründet werden, der die Kontrolle über das Land an sich reissen wolle. Juden wurden auf den Strassen geschlagen und ihr Hab und Gut gestohlen und verbrannt, und die Polizei schaute dabei zu.

Diese Aktionen sollten auch in der Stadt Rosario wiederholt werden, und wurden sogar in Montevideo (in der Hauptstadt von Uruguay) nachgeahmt, als die Führer der jüdischen Organisationen einen verzweifelten Appell publizierten: "150.000 Israeliten - das Volk der Republik", und dann wurde die Abordnung auch noch vom Präsidenten Argentiniens empfangen.

Die liberale, öffentliche Meinung kritisierte die Regierung und der Präsident distanzierte sich von den Ausschreitungen, aber trotzdem drückte er sein Missfallen über den Umstand aus, dass die Abordnung sich im Namen der Jüdischen Gemeinde präsentierte und nicht im Namen der individuellen, argentinischen Bürger.

[1920s: Schwierigkeiten bei der jüdischen Einwanderung - Mussolini als Modell für argentinischen Nationalismus - Einwanderungszahlen und Entwicklungen in der jüdisch-jiddischen Kultur]

Er starke Antagonismus gegenüber Juden, vor allem zu den "Russen", bewirkte in den 1920er Jahren administrative Schwierigkeiten beim Prozedere der jüdischen Einwanderung. "Soprotimis", die (Kol. 414)

ICA-Organisation, die mit Einwanderern Verträge abschloss, schloss mit dem Einwanderungsbüro im November 1921 und im August 1924 spezielle Verträge ab. Im Jahre 1926 aber wurden die Juden dazu gezwungen, zur illegalen Einwanderung überzugehen, und in mindestens einem Fall ertranken einige von ihnen, als sie den Uruguay-Fluss überquerten. Gleichzeitig kam in Argentinien ein starkes Nationalgefühl hoch, das auf einer Angst (Xenophobie) und auf dem Einfluss durch das Beispiel von Mussolinis Italien beruhte.

Nichtsdestotrotz war in den 1920er Jahren ein grosser Anstieg der jüdischen Bevölkerung in Argentinien feststellbar. Es kamen um die 79.000 Einwanderer; die wirtschaftliche Situation der Veteranen-Siedler verbesserte sich; 15 Kredit-Kooperativen wurden gegründet; Wohltätigkeitsorganisationen breiteten sich aus (das Jüdische Spital eröffnete das erste Gebäude im Jahre 1921 und das zweite Gebäude im Jahre 1928); und die jiddische Presse, Literatur und Theater waren in voller Blüte. gleichzeitig wuchs die Anzahl Juden, die in Argentinien geboren waren, und die eine fortschrittliche, kulturelle Integration erreichten. Sie gründeten die "Hebraica-Gesellschaft" (siehe *Sociedad Hebraica Argentina).

[Spaltung der Juden in rassistische, anti-muslimische Herzl-Zionisten und anti-rassistische Nicht-Zionisten - Sklavenhandel in der jüdischen Unterwelt von den 1880er bis in die 1930er Jahre]

Politische und institutionelle Unterschiede zwischen verschiedenen Organisationen, [[rassistischen, anti-muslimischen]] zionistischen Parteien, und zwischen den [[rassistischen, anti-muslimischen]] Zionisten und den Gruppen des linken Flügels wurden nun in dieser Zeit mehr betont und verhinderten Versuche, zentrale Gemeindeinstitutionen zu schaffen, die Allianz (Alianza).

Diese Unterschiede jedoch standen nicht mit dem generellen und beherzten Kampf gegen weisse Sklavenhändler im Zusammenhang, die sogenannten "Unreinen". Ein Land wie Argentinien, das vor allem männliche Einwanderer anwarb, hatte unter dem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern zu leiden, was folglich Vertreter der jüdischen Unterwelt aus Osteuropa anzog, die Mitte der 1880er Jahre ihr Werk begannen. Der Weisse Sklavenhandel war ein grosser Fleck in der gesetzestreuen jüdischen Gesellschaft, und trotz des Reichtums der Händler verhängten alle argentinisch-jüdischen Organisationen einen allumfassenden, sozialen Bann gegen sie, der ab den 1890er Jahren sogar in den Statuten der meisten Gruppen festgelegt wurde. Die Sache wurde zeitweise sogar in einem öffentlichen Kampf ausgetragen, zum Beispiel im Jahre 1909, oder im Jahre 1913, und speziell in den 1920er Jahren. Um ihre Ausgrenzung zu kompensieren organisierten die Händler sich selbst in eine offizielle gegenseitige Hilfsorganisation, bekannt als Zevi Migdal [[Zevis Turm]], die für den Schutz der Sklavenhändler zuständig war, indem die Behörden bestochen wurden und religiöse Gottesdienste unterstützt wurden, zum Beispiel mit dem Bau einer eigenen Synagoge und eines eigenen Friedhofs.

Ab den 1890er Jahren unterhielt die Jüdische Organisation zum Schutz von Mädchen und Frauen (Jewish Association for the Protection of Girls and Women), die in London ihren Sitz hatte, einen Zweig in Buenos Aires, bekannt als Ezrat Nashim. Sie verfolgte die Spuren der "Unreinen" systematisch und sorgte für so viel Hilfe wie möglich für die Opfer, mit einer milden Gesetzgebung und mit verbreiteten Bestechungsgeldern an Regierungsbeamte. Die Weisse Sklavenhändler-Vereinigung in Buenos Aires wurde bis 1930 nicht aufgelöst, als die meisten Mitglieder entweder inhaftiert wurden oder fliehen konnten. Der Kampf gegen den und der Boykott gegen den bleibenden Weissen Sklavenhandel wurde weitergeführt und war ein Charakterzug der Jüdischen Gemeinde als die einzige Gruppe in Argentinien, die in ihren eigenen Reihen einen Sklavenhandel auszurotten hatte.> (Kol. 415)

[Jüdische Landwirtschaftssiedlungen in Argentinien mit einer hohen Fluktuation jüdischer Siedler]

<Die 15 Jahre zwischen 1919 und 1934 sind das zweite Stadium in der Geschichte der Kolonisation. Dabei erreichte die Weite des bearbeiteten Landes, die Anzahl Siedler und die Anzahl der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung ihren Höhepunkt. Während dieser Zeit aber begann auch der Niedergang des Projekts, mit einer ansteigenden Anzahl Leute, die sich von der landwirtschaftlichen Arbeit verabschiedeten. Die Statistiken zeigen dabei, dass insgesamt die Bevölkerung nicht zurückgeht, denn es rückten immer wieder neue Siedler nach. Auch die Anzahl Nichtjuden wuchs in den Kolonien an.> (Kol. 429)

[Jüdisch-landwirtschaftliche Kooperativen]

<Im Jahre 1925, nach den kritischen Jahren zwischen 1911 und 1916, und nach dem darauffolgenden Anstieg der Anzahl Kooperativen, versammelten sich die Delegierten und gründeten die Kooperative der Kooperativen, später auch Fraternidad Agraria genannt (Landwirtschaftliche Brüderlichkeit, registriert im Jahre 1931). Diese Organisation ist bis heute das Hauptquartier der jüdisch-landwirtschaftlichen Kooperativenbewegung. Insgesamt sind es 22 Kooperativen - davon widmen sich acht der Viehzucht. Alle Kooperativen sind an die Fraternidad Agraria angeschlossen, und, obwohl die jüdisch-landwirtschaftliche Bevölkerung zurückging und durch nichtjüdische Kolonialisten ersetzt wurde, so werden die Kooperativen doch weiterhin von Juden verwaltet.

Die Federación Entrerriana de Cooperativas (Föderation der Kooperativen der Provinz Entre Rios) mit Sitz in Paraná ist ebenfalls mit der Fraternidad Agraria assoziiert. [[...]] Der erste Getreidespeicher in der Provinz Entre Rios wurde im Jahre 1931 in Dominguez gebaut (Kooperative Fondo Comunal).> (Kol. 432)

[Unabhängige landwirtschaftliche Siedlungen]

<Im Jahre 1923 verliessen 80 Familien die [[landwirtschaftlich-kolonial-jüdischen]] Siedlungen Narcisse Levin, Barón Hirsch und Montefiore in Richtung [[Provinz]] Chaco [[im Norden des Landes]], denn es herrschte gerade ein Baumwollboom. Die Leute verteilten sich auf Siedlungen wie Charata und General Pinedo. Im Jahre 1928 kauften die Siedler in Barón Hirsch 21.381 Quadratfuss (8653 Hektaren) Land für ihre Kinder und Verwandten und nannten ihre Kolonie Akiva Ettinger. Andere Siedler in [[den Provinzen]] Entre Rios und Santa Fé kauften ebenfalls eigenständig Land auf für siedlerische Zwecke.> (Kol. 430)

[Religiöses Leben]

<Die zweite Periode (1914-39) markiert einen Rückgang des religiösen Lebens in Argentinien. Neue Einwanderer führten strenge, antireligiöse Traditionen ein [[wahrscheinlich jüdische Kommunisten]], und auch das Fehlen religiöser Autorität und Führung wurde spürbar. Im Jahre 1928 wurde auf Initiative von Rabbi Shaul Sithon der syrisch-jüdischen Gemeinde mit der Bewilligung der osteuropäischen (Aschkenasi) Rabbiner eine Entscheidung getroffen, dass in der argentinischen Republik keine Übertritte zum Judentum mehr möglich sein sollten. Dieses Verbot, das zu dieser Zeit auch vom Oberrabbiner in Palästina, A.I. *Kook und von anderen Autoritäten unterstützt wurde, wird in den orthodoxen Gemeinden bis heute beibehalten.> (Kol. 421)

[Kulturelles Leben: Tageszeitungen - Monatszeitschriften]
<Während der 1920er Jahre hatte die Zeitung Di Prese eine sehr linke Orientierung. Dies fand seinen Ausdruck zum Beispiel darin, dass sogar hebräische Wörter anders geschrieben wurden, dass kommunistische Transkriptionen übernommen wurden. Dieser linksextreme Trend liess gegen Ende der 1930er Jahre nach [[...]]. Andere Tageszeitungen in dieser Zeit hatten dagegen eine nur kurze Lebensdauer (Der Tag, Morgentsaytung). Erwähnt werden sollte auch der Kolonist Kooperator, das Organ der jüdischen Kolonialisten ab 1917, das bis heute [[1971]] als ein jiddisch-spanisches Monatsblatt erscheint.> (Kol. 423)

[[Die Vertreibung oder Ausrottung der Ureinwohner in Argentinien wird in der Encyclopaedia Judaica nie erwähnt]].

<Wochenzeitungen und Monatszeitungen in Spanisch kamen erstmals im Jahre 1911 heraus. Juventud [["Jugend"]] war die erste, gefolgt von El Israelita Argentino [["Der argentinische Israelit"]] (1913). Vida Nuestra [["Unser Leben"]] (1925), und Comentario [["Der Kommentar"]], publiziert durch das Instituto Judío Argentino de Cultura e Información [[Jüdisch-argentinische Institut für Kultur und Information]]. Im Jahre 1917 etablierte sich auch das spanische Monatsblatt Israel. Es existiert noch heute [[1971]] und bedient hauptsächlich Sefardim. Die Zeitung Mundo Israelita [["Israelitische Welt"]] kam erstmals im Jahre 1923 heraus, gefolgt von einer zweimonatigen Publikation La Luz [["Das Licht"]], zuerst herausgegeben von David Elnecave, und dann durch seinen Sohn Nissim. Dieses Blatt richtet sich an Sefardim, und literarische Zeitschriften wie Shriftn und Davke widmeten sich hauptsächlich der jüdischen Philosophie.

Mit der Gründung der Hebräischen Gesellschaft, der die Juventud [["Jugend"]] und andere Gruppen vor dem Ersten Weltkrieg vorausgegangen waren, weitete sich das jüdisch-kulturelle Leben in der spanischsprechenden Sphäre aus. Die kulturellen Errungenschaften der Hebraica sind hauptsächlich auf dem Gebiet des Sports, der Kund und beim Drama zu suchen (das luxuriöse Theater wurde 1968 eingeweiht). Die dazugehörige Vierteljahresschrift in Spanisch Davar [["Fakten"]] mit Beiträgen der besten argentinischen Schriftsteller, konnte über 100 mal erscheinen.> (Kol. 424)


<Im Jahre 1921 wurde die erste hebräische Zeitschrift in Buenos Aires publiziert. Sie hiess Ha-Bimah ha-Ivrit ("Das jüdische Forum"), zuerst herausgegeben von J.L. Gorelik, und später von Tuvia Alekser. Andere folgten bald, und im Jahre 1938 wurde von der Histadrut ha-Ivrit die jüdische Monatszeitschrift Darom ("Das Rauschen") gegründet und wird bis heute [[1971]] regulär publiziert.> (Kol. 424)


[Schulen]

<Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurden Anstrengungen unternommen, Oberstufenschulen einzurichten, aber diese Schulen begannen erst ab 1920 mit ihrer Tätigkeit. Sie wurden von Aktivisten, Lehrern, und in einem bestimmtem Masse auch durch politische Parteien organisiert, z.B. die Generellen Zionisten (orig. Engl.: General Zionists), die linksorientierte Po'alei Zion, den Bund, und die Kommunisten.> (Kol. 425)
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Quellen
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 413
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 413-414
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 415-416
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 415-416
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 421-422
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 421-422
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 423-424
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 423-424
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 425-426
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 425-426
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 429-430
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 429-430
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3,
                          Kolonne 431-432
Encyclopaedia Judaica: Argentina, Band 3, Kolonne 431-432



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